BIOSS
Centre for Biological Signalling Studies

Wilfried Weber erzielt mit neuartiger Impftechnologie ersten Platz beim Innovationspreis

Der Preis der BioRegionen würdigt ein Patent eines BIOSS-Forschungsteams auf den Deutschen Biotechnologietagen 2014

Wilfried Weber, Dr. Raphael Gübeli, Dr. Adrian Sprenger und Sabrina Wend erhalten auf den Deutschen Technologietagen 2014 in Hamburg den Innovationspreis der BioRegionen. Quelle: Wilfried WeberDie Forscher von Bionicure wollen das prämierte Impfgel zur Anwendung gegen das humane Papillomavirus weiterentwickeln: Das Gel wird gespritzt, doch erst nach der Einnahme einer Pille wird der Impfstoff freigesetzt. Quelle: BionicureDie Abbildung zeigt, dass bei der zweiten und dritten Impfdosis, die Spritze durch eine Tablette ersetzt werden kann und dennoch eine hohe Immunantwort bewirkt wird. Quelle: Bionicure
Prof. Dr. Wilfried Weber, Professor für Synthetische Biologie am Institut für Biologie II und am BIOSS Centre for Biological Signalling Studies, hat gemeinsam mit Dr. Raphael Gübeli, Dr. Adrian Sprenger und Sabrina Wend den mit 2.000 Euro dotierten ersten Innovationspreis erhalten.

 

Der Arbeitskreis BioRegionen in Deutschland verlieh Weber auf den Deutschen Biotechnologietagen 2014 in Hamburg den Preis für die Erfindung von Gelkügelchen, die, unter die Haut gespritzt, das Dosieren von Impfungen vereinfachen.

Impfungen, zum Beispiel gegen Hepatitis B oder den humanen Papillomavirus, benötigen oft zwei bis drei Spritzen in bestimmten Zeitabständen, bevor sie ihre volle Wirkung entfalten können. Die damit verbundenen Arztbesuche werden jedoch von Patienten als zeitraubend und lästig empfunden und häufig nicht eingehalten. „Aus diesem Grund bleibt die Hälfte der Impfungen gegen den humanen Papillomavirus, der Gebärmutterhalskrebs verursachen kann, wirkungslos. Bei einem Marktvolumen in Milliardenhöhe bedeutet dies einen großen Verlust für die Krankenkassen“, erklärt Sprenger, der in Webers Labor forscht.

In Entwicklungsländern ist es besonders unpraktisch dreimal injizieren zu müssen: Der Impfstoff muss bei Transport und Lagerung gekühlt werden und Ärzte und Patienten sollen für die Massenimpfungen an drei Terminen koordiniert werden. Beides ist auf Grund der mangelnden Infrastruktur in Entwicklungsländern sehr aufwendig und teuer. "Unsere Depottechnologie ermöglicht es, die Initialdosis der Impfung zusammen mit den Folgedosen, welche sich in Depotkügelchen befinden, in einer einzigen Injektion zu verabreichen. Während die Initialdosis im Körper sofort wirkt, verbleiben die Folgedosen in den Depotkügelchen, bis sie durch die Einnahme einer Tablette zu den gewünschten Zeitpunkten freigesetzt werden." erklärt Sprenger.

Impfstoff in Gelkugeln unter der Haut

Wilfried Weber veröffentlichte das Konzept der "Aktivierbaren Wirkstoffdepots" 2013 in den Fachzeitschriften "Advanced Funtional Materials" und "Scientific Reports", in denen er bereits eine erfolgreiche Anwendung zur Impfung von Mäusen gegen das humane Papillomavirus und Hepatitis B beschrieb. Ein internationales Patent ist bereits erteilt. Webers Team verwendet biologisch verträgliche fadenförmige Moleküle, um die kleinen Wirkstoffkugeln herzustellen, die Impfstoffe im Körper speichern können.

Da diese Moleküle Wasser binden, verhalten sich die Kugeln wie ein Gel und können gespritzt werden. Diese Molekülfäden sind außerdem an den Enden mit zwei verschiedenen Biomolekülen gekoppelt, die wie Magnete zusammenhalten. Dadurch bilden sie ein dichtes Knäul, das den Impfstoff speichern kann, ohne dass er entweicht. Schluckt der Impfpatient nun eine Tablette, die das eine der beiden Biomoleküle in freier Form enthält, stört das die Bindung im Knäul. Das Molekül aus der Tablette schiebt sich zwischen die Bindung, wie zwischen zwei Magneten, wodurch sich die Molekülfäden voneinander lösen. Das Gelknäuel löst sich in seine Bestandteile auf und der darin gespeicherte Impfstoff wird freigesetzt. Erst dann kann er im Gewebe wirken und das Immunsystem anregen. So erzielt die Einnahme einer Tablette den gleichen Effekt wie eine Spritze: Der Patient wird gegen den Krankheitserreger immunisiert.

Bionicure

Wend und Sprenger wollen das Impfdepot nun in dem Projekt „Bionicure“ weiterentwickeln. Die Tests fanden bisher nur in Mäusen statt. Da aber alle Bestandteile des Systems bereits in der klinischen Praxis im Menschen angewendet werden, hoffen die Forscher auf eine rasche Weiterentwicklung und Marktzulassung. Das Impfdepot testeten sie bereits für den Impfstoff gegen das humane Papillomavirus und Hepatitis B. Es ließe sich aber auch auf viele andere Impfstoffe anwenden, erklärt Sprenger.

Bisher entwickelten Forscher Impfungen in Form von Nasensprays, Cremes, Inhalationssprays oder oralen Medikamenten als Alternativen zur klassischen Spritze. Diese Impfungen wirken jedoch in der Haut oder den Schleimhäuten, die sich bei verschiedenen Menschen und Bedingungen sehr stark unterscheiden können. „Eine Impfung per Nasenspray ist vielleicht nicht zuverlässig, wenn der Patient gerade einen Schnupfen hat. Unser System ermöglicht eine Impfung auf altbewährte Art unter die Haut, wo es zwischen verschiedenen Patienten wenig Unterschied gibt“, sagt Sprenger. Da das Impfsystem die Anzahl der benötigten Spritzen auf eine einzige reduzieren kann, würde es viele Probleme von Impfungen in Entwicklungsländern lösen. „Zusätzlich wird die Impftherapie auch für Patienten der westlichen Welt alltagstauglicher“, erklärt Sprenger. Das Impfsystem ist ein Beispiel für das erfolgreiche Zusammenwirken von Synthetischer Biologie, Material- und Signalforschung am Exzellenzcluster BIOSS Centre for Biological Signalling Studies.

Mehr Informationen:

http://www.bioss.uni-freiburg.de/cms/syntheticbiology.html

http://www.bioss.uni-freiburg.de/cms/3116.html