Die geheime Sprache der Pilze
Ein Forschungsteam der Universitäten Freiburg und Göttingen sowie des Helmholtz Zentrums München hat einen Zusammenhang zwischen den Duftstoffen von Pilzen und dem Wurzelwachstum von Pflanzen entdeckt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden heraus, dass die Duftstoffe von Mykorrhizapilzen das Wurzelwachstum bei Pflanzen anregen. Die Erkenntnis ist ökologisch und biotechnologisch bedeutsam, weil eine vergrößerte Wurzeloberfläche die Ernährung und Wasserversorgung der Pflanze und damit ihre „Fitness“ verbessert. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.
Duftstoffe haben in der Natur vielfache Wirkungen. Pflanzen können beispielsweise durch Düfte Bienen oder andere Bestäuber anlocken. Auch Pilze besitzen einen charakteristischen Geruch. Bekannt war, dass Pflanzen ihre Beziehungen zu Tieren unter anderem über Düfte regulieren. Für ihre Fitness sind aber nicht nur Bestäubung und Fraßabwehr wichtig, sondern auch die Symbiose mit Mykorrhizapilzen an ihren Wurzeln. Diese Pilze verbessern die Pflanzenernährung und stärken die Abwehr gegen Schadpilze.
Um herauszufinden, ob sich Pflanzen und Mykorrhizapilze über Duftstoffe wahrnehmen können, wenn sie keinen direkten Kontakt haben, zogen die Forscherinnen und Forscher im Labor an der Universität Göttingen Pilze und Pflanzen voneinander getrennt, aber in einem gemeinsamen Luftraum an. Das Ergebnis: Die Duftstoffe der Mykorrhizapilze ließen bei den Pflanzen viele neue Seitenwurzeln sprießen. Die Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München fanden bei den Mykorrhizapilzen flüchtige Sesquiterpene. Diese Inhaltsstoffe waren bisher vor allem im Tierreich für ihre Signalwirkung bekannt und sind offenbar für den Wachstumseffekt verantwortlich.
Die Forscher an der Universität Freiburg zeigten, dass das in der Natur selten vorkommende Sesquiterpen Thujopsen Pflanzen dazu anregt, Seitenwurzeln zu bilden. „Die Signalwege in der Wurzelspitze reagieren auf Thujopsen und bewirken das Wurzelwachstum“, sagt Prof. Dr. Klaus Palme. „Die Planze bildet ein völlig neues Organ aus – das ist so, als würden Menschen einen neuen Arm bilden“, erläutert Dr. Franck Ditengou. Ditengou und Palme arbeiten am Institut für Biologie II der Albert-Ludwigs-Universität. Palme ist zudem Mitglied des Freiburger Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies.
Originalveröffentlichung:
Volatile signalling by sesquiterpenes from ectomycorrhizal fungi reprogrammes root architecture.
Ditengou FA, Müller A, Rosenkranz M, Felten J, Lasok H, van Doorn MM, Legué V, Palme K, Schnitzler JP, Polle A.
Nat Commun. 2015 Feb 23;6:6279. doi: 10.1038/ncomms7279.
www.nature.com/ncomms/2015/150223/ncomms7279/full/ncomms7279.html
Pressemitteilung der Universität Göttingen: