BIOSS
Centre for Biological Signalling Studies

Licht ins Dunkel der Blutbildung bringen

Eine von BIOSS-Forschern entwickelte Methode hilft dabei die genaue Entwicklung der Blutzellen aus Stammzellen in Mäusen zu verfolgen.
Blutstammzellen des Knochenmarks wurden mit einem Fluoreszenzprotein markiert. Die Verteilung der leuchtenden Tochterzellen ermöglicht die mathematische Modellierung der Dynamik der Blutbildung und gibt neue Einblicke in das Verhalten von Stammzellen. Bild: © Kay Klapproth / DKFZ

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg haben Blutstammzellen von Mäusen mit einem Leuchtmarker ausgestattet, der sich von außen durch Zugabe des Wirkstoffes Tamoxifen einschalten lässt. Auf diese Weise konnten sie beobachten, wie sich im lebenden Organismus Blutzellen aus Stammzellen entwickeln. Ihre Ergebnisse hat das Team in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Eine frühere Arbeit der Arbeitsgruppe des BIOSS-Forschers und -Sprechers Prof. Dr. Michael Reth hat erstmals gezeigt, dass sich die DNA-Rekombinase Cre mithilfe der Substanz Tamoxifen von außen regulieren lässt. Die Wissenschaftler fügten Mer am Anfang und am Ende des Enzyms Cre hinzu und erzeugten so die Chimäre MerCreMer. Cre kann Gene erkennen und entfernen, die von so genannten LoxP-Stellen flankiert sind. Mit einer ähnlichen Strategie lassen sich Gene aktivieren, deren Expression durch eine so flankierte Stop-Genkassette gehemmt wird – eine DNA-Sequenz, die  sich zwischen zwei LoxP-Stellen befindet.

Reths Gruppe hat gezeigt, dass das MerCreMer-Enzym in Zellen nur in der Gegenwart von Tamoxifen aktiv ist. Als sie diese Methode 1996 zum ersten Mal beschrieben, beendeten sie ihre Publikation mit dem Satz: „Das MerCreMer-System könnte sich daher zu einem nützlichen neuen genetischen Werkzeug entwickeln, um Gene im Genom eines lebendigen Organismus zu mutieren und zu entfernen.“ Einige Rezensenten und Kritiker sahen dies jedoch anders und mutmaßten zum Beispiel, dass die Methode niemals in vivo funktionieren würde.

Heute nutzen viele Labore weltweit die MerCreMer-Technologie, um Gene in lebenden Organismen zu entfernen oder um diese anzuschalten. Das Team von Prof. Dr. Hans-Reimer Rodewald am DKFZ hat die synthetische MerCreMer-cDNA in ein Gen eingefügt, das nur in blutbildenden Stammzellen ausgeprägt wird. Aus diesen Stammzellen entstehen sämtliche andere reife Blutzellen. Das Forschungsteam kreuzte Mäuse, die das MerCreMer-Gen enthielten, mit Mäusen, welche ein Gen für den Leuchtmarker „yellow flourescent protein“ (YFP) in ihrem Genom trugen. Dabei war das YFP mit einer von LoxP-Stellen flankierten Stop-Genkassette verbunden. Durch die Gabe von Tamoxifen ließ sich der Leuchtmarker daher spezifisch in blutbildenden Stammzellen einschalten. Die Forscherinnen und Forscher konnten somit feststellen, von welchen blutbildenden Stammzellen die nachfolgenden Vorläuferzellen und Blutzellen abstammten. Sie entdeckten zum Beispiel: Die direkten Nachfahren der Stammzellen, die Vorläuferzellen, weisen stammzellenähnliche Eigenschaften auf und erhalten die Zahl der Blutzellen aufrecht.

Das MerCreMer Plasmid zusammen mit allen erforderlichen Sequenzinformationen ist in der BIOSS Toolbox verfügbar.

Die Pressemitteilung des DKFZ:

www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2015/dkfz-pm-15-07c3-Live-Berichterstattung-von-der-Blutbildung.php

Original Publikation:

Fundamental properties of unperturbed haematopoiesis from stem cells in vivo.
Busch K, Klapproth K, Barile M, Flossdorf M, Holland-Letz T, Schlenner SM, Reth M, Höfer T, Rodewald HR.
Nature. 2015 Feb 11. doi: 10.1038/nature14242. [Epub ahead of print]

http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature14242.html