BIOSS
Centre for Biological Signalling Studies

Signal für die Embryonalentwicklung

Das Protein YAP spielt eine entscheidende Rolle bei der Bildung der menschlichen Neuralleiste
Neuroblastom-Zellen: Diese Tumore entstehen unter anderem durch Prozesse, an denen der Hippo/YAP-Signalweg beteiligt ist. Quelle: Pruszak lab

Weiter wachsen oder sich spezialisieren? Am Ort bleiben oder wandern? Woher wissen Zellen in den Körpern von Menschen und anderen Säugetieren, wie sie sich entwickeln und was sie tun sollen? Der so genannte Hippo/YAP-Signalweg spielt eine wichtige Rolle, wenn sich die Zellen der Neuralleiste - einer Struktur, aus der verschiedene Körpergewebe wie Knochen und Nerven entstehen - im menschlichen Embryo für eine bestimmte Funktion spezialisieren und an ihren Zielort wandern. Das haben die Forscherinnen und Forscher Alexandra Larisa Condurat, Dr. Christopher J. Hindley, Vishal Menon, Dr. Jan Pruszak und Ria Thomas von der Universität Freiburg mit weiteren Kollegen in einer Studie gezeigt. Die Arbeit ist im Open-Access-Fachmagazin "Scientific Reports" veröffentlicht worden. Die Erkenntnisse des Teams sollen dazu beitragen, Entwicklungsprozesse der Neuralleiste und damit in Verbindung stehende Erkrankungen wie zum Beispiel Neurokristopathien besser zu verstehen. Des Weiteren sollen die Entdeckungen Prozesse erklären, die Tumore wie Neuroblastome verursachen und mit denen Zellen Signale aus ihrer Umgebung aufnehmen und verarbeiten.

Damit sich menschliche Embryonen fehlerfrei entwickeln, müssen bestimmte Vorgänge in einer genauen Abfolge ablaufen. Komplexe Signalnetzwerke steuern diese Prozesse. Bei der frühen Entwicklung v on Wirbeltieren entsteht die Neuralleiste. Sie ist eine Zellpopulation, die im weiteren Verlauf viele verschiedene Zelltypen hervorbringt. Dazu gehören die Gewebe von Knochen, Knorpeln, glatten Muskeln und Nerven. Diese Zellpopulation stammt von einer röhrenförmigen Struktur ab, aus der sich später das Rückenmark und das Gehirn entwickeln. Die Zellen der Neuralleiste ändern ihre Form und wandern, während sie sich weiter spezialisieren, zu ihren jeweiligen Zielregionen im Körper. Der Hippo/YAP-Signalweg nimmt örtliche Signale aus der Umgebung auf und steuert die Proliferation, also das Wachstum und die Vermehrung von Zellen, in einer Reihe von Stammzell- und Gewebesystemen wie Haut, Darm und Leber.

Die Freiburger Forscher haben mit menschlichen Stammzellen und Krebszelllinien analysiert, welche Rolle der Hippo/YAP-Signalweg bei der Differenzierung und Entwicklung der Neuralleiste spielt. Sie haben herausgefunden, dass das Vorhandensein von YAP mit einer erhöhten Stammzellfähigkeit der neuralen Zellen einhergeht, während es deren Differenzierung - also die Entwicklung in spezialisierte Zellen - verhindert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben zudem eine weitere Zellpopulation beobachtet, die sich durch eine hohe Aktivität von YAP auszeichnet. Bei dieser war die Kombination der Moleküle, die sich an der Zelloberfläche befinden, verändert. Abkömmlinge des Vitamin A, so genannte Retinsüuren, sind dafür bekannt, dass sie die Zellen der Neuralleiste beeinflussen. Die Forscher zeigten im Zellmodell: YAP sorgt in Kombination mit Retinsäuren dafür, dass Neuralleisten-Zellen die Eigenschaften entwickeln, die sie zum Wandern befähigen.

Jan Pruszak ist Juniorgruppenleiter im Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Institut für Anatomie und Zellbiologie sowie Mitglied des Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies der Universität Freiburg. Alexandra Larisa Condurat, Vishal Menon und Ria Thomas gehören zu Pruszaks Arbeitsgruppe und sind Stipendiaten der Freiburger Spemann Graduate School of Biology and Medicine. Christopher Hindley forschte mit einem Humboldt-Forschungsstipendium für Postdoktoranden der Alexander von Humboldt-Stiftung in der Arbeitsgruppe von Pruszak.

Originalpublikation

The Hippo pathway member YAP enhances human neural crest cell fate and migration.
Hindley CJ, Condurat AL, Menon V, Thomas R, Azmitia LM, Davis JA, Pruszak J.
Sci Rep. 2016 Mar 16;6:23208.

http://www.nature.com/articles/srep23208