Schlüssel entdeckt zur Bekämpfung der medikamentenresistenten Leukämie, der häufigsten Krebsart bei Kindern – Publikation in Nature
Die häufigste Form von Krebs im Kindesalter ist die Akute Lymphoblastische Leukämie. Die behandelnden Ärzte sind immer wieder mit der Tatsache konfrontiert, dass manche Krebszellen den Einsatz der wirksamsten und neuesten Medikamente überleben.
Ein internationales Team unter Leitung der University of California, San Francisco, (UCSF), mit Beteiligung von Wissenschaftlern des Freiburger Exzellenzclusters BIOSS – Centre for Biological Signalling Studies, identifizierte nun BCL6, ein Protein, das eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von resistenten Leukämiezellen spielt. “Die Aktivierung von BCL6 ist eine Art Notfallmechanismus, mit dem Tumorzellen versuchen, einer Medikamentenbehandlung zu entkommen”, erklärt Dr. Markus Müschen, USCF, der das Forschungsprojekt leitete.
Die Entdeckung des Proteins könnte den Weg weisen zur Herstellung effektiverer Medikamente. In ihrer Publikation in „Nature“ erklären die Autoren, wie sie Mäuse mit medikamentenresistenter Leukämie heilten, indem sie ihnen eine Kombination aus konventionellen Krebsmedikamenten in Verbindung mit einem Wirkstoff verabreichten, der die Funktion von BCL6 blockiert.
Bei der akuten lymphoblastischen Leukämie vermehren sich Leukämiezellen in Blut und Knochenmark unkontrolliert und verdrängen so andere, gesunde Zellen. Die Krankheit schreitet sehr schnell voran, und die Leukämiezellen beginnen, andere Organe und Gewebe des Körpers zu infiltrieren. Eine Behandlung ist teuer und schwierig; sie beinhaltet lang andauernde Medikamentengaben, die oft physisch und emotional extrem belastend für die Kinder und ihre Eltern werden. Ist dies jedoch überstanden, sind viele Kinder völlig geheilt und können ein ganz normales Leben führen. Allerdings kann manchen Kindern nicht geholfen werden, sie unterliegen im Kampf gegen die Krankheit. In diesen Fällen scheinen einige der Krebszellen den Medikamenten zu widerstehen und unerkannt im Körper zu überleben. Bricht die Krebserkrankung erneut aus, sind alle Tumorzellen gegen die Medikamente resistent.
Bis zu ihrer Entdeckung arbeiteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vier Jahre daran, Tumorzellen einer Krebsbehandlung auszusetzen. Sie untersuchten, wie sich die Expression von 22.000 Genen verändert, wenn verschiedenen Krebszellen unterschiedliche Medikamente verabreicht werden. “Wir glauben, dass unsere Entdeckung direkten Einfluss auf die Bekämpfung der medikamentenresistenten Leukämie haben wird”, sagt Dr. Hassan Jumaa, BIOSS-Forscher und Co-Autor der Studie.
Veröffentlichung in Nature:
„BCL6 enables Ph+ acute lymphoblastic leukaemia cells to survive BCR–ABL1 kinase inhibition. Cihangir Duy, Christian Hurtz, Seyedmehdi Shojaee, Leandro Cerchietti, Huimin Geng, Srividya Swaminathan, Lars Klemm, Soo-mi Kweon, Rahul Nahar, Melanie Braig, Eugene Park, Yong-mi Kim, Wolf-Karsten Hofmann, Sebastian Herzog, Hassan Jumaa, H. Phillip Koeffler, J. Jessica Yu, Nora Heisterkamp, Thomas G. Graeber, Hong Wu, B. Hilda Ye, Ari Melnick, Müschen M. Nature 473, 384–388 (19 May 2011).
http://www.nature.com/nature/journal/v473/n7347/full/nature09883.html
Links: Medikamentenresistente Leukämiezellen, die BCL6 produzieren können, überleben eine Behandlung mit Medikamenten problemlos.
Rechts: Wird das BCL6-Protein inaktiviert, führt die Behandlung zum Absterben der Zellen.
Bild: Markus Müschen, USCF